Kindheit inmitten von Krisen

Was wir dazu beitragen können, dass unsere Kinder dereinst ihre Augen nicht verschliessen vor den grossen globalen Herausforderungen und zu deren Lösung beitragen - Oder: Warum wir nur Fragen beantworten sollten und nicht mehr!

 
 

Im letzten Vertiefungs-Call des Intensiv-Kurses «Lernen begleiten» hat eine Teilnehmerin (Lehrerin und Mutter von zwei kleinen Kindern) die Frage aufgebracht, wie wir mit den grossen Themen umgehen sollen, die uns Erwachsene beschäftigen, frustrieren und auch alarmieren – angefangen beim Klimawandel bis hin zu den kriegerischen Auseinandersetzungen, die unsere News dominieren? Und was wir dazu beitragen können, damit unsere Kinder zu verantwortungsvollen Erwachsenen heranwachsen, die ihre Augen nicht verschliessen vor diesen grossen Herausforderungen und zu deren Lösung beitragen.

Grosse Fragen.

Grosse Fragen,
deren Beantwortung je nach Alter und Reife der Kinder unterschiedlich ausfällt.

Im Gespräch in der Gruppe kam die Frage auf, ob es denn nicht Sinn mache, unsere Kinder zu informieren und transparent zu sein was die Lage der Welt betrifft – schliesslich wird hier ja ihre Zukunft geformt. – Die Antwort darauf erscheint mir einfacher und öffnet die Tür zu einer wichtigen Erkenntnis:

Wenn uns daran gelegen ist, dass unsere Kinder dereinst dazu beitragen, die Welt friedlicher zu machen und in ein nachhaltiges Gleichgewicht zu bringen, dann sollten wir alles daransetzen, dass sie sich diesen Herausforderungen als Erwachsene dereinst mit allen Facetten und Schichten und in der gesamten Tiefe stellen und dass sie sie ganzheitlich erfassen und verstehen können. Und das geht nicht, wenn ebendiese Herausforderungen sie überwältigen und sie von klein auf lernen, sie auszublenden, um im Alltag funktionieren und emotional «überleben» zu können.

Das ist für Eltern mit Kindern jeden Alters wichtig ist zu verstehen: Die Botschaften, die all diese Krisen für unseren Kindern vermitteln, sind – wenn unsere Kinder sie an sich ran lassen - überwältigend!

Das Klima auf Planet Erde wird unsere Kinder naturgemäss länger beschäftigen als uns. Und all die Gräuelgeschichten aus Israel und dem Gaza-Streifen überwältigen uns und unsere Kinder nicht nur wegen dem Horror darin: Sie tragen auch Aspekte in sich, die gerade für unsere Kinder immer wieder Thema sind: Was, wenn Mama/Papa sterben? Unser Haus Feuer fängt? Mein Bruder nicht mehr nach Hause kommt? Ich mich in einer chaotischen Situation verlaufe und auf einmal ganz alleine bin?

Das sind grosse Themen und ihnen mit einem offenen Herzen zu begegnen und sie wirklich zu fühlen, ist eine Herausforderung, auch für uns Erwachsene. Kommt dazu: Über sie zu reden und ihnen mit Konzepten, Argumenten oder Hintergrundwissen zu begegnen, ist viel einfacher, als sie zu fühlen.

Kindern fehlen diese Konzepte, Argumente und Hintergrundwissen und das Verstehen, Verdauen und Integrieren von solchen Informationen hat bei Kindern viel mit Gefühlen zu tun…

…wenn sie das denn zulassen können.

Die Chance ist nämlich gross, dass ihr Herz, resp. ihr Hirn oder schlicht ihr «System» beschliesst, sie vor dieser unerträglichen Verletzlichkeit zu schützen und diese Gefühle auszublenden oder gar wegzusperren. Das ist kein bewusster Entscheid, sondern eine automatische Sicherheitsmassnahme, und sie kann einiges an Nebengeräuschen mit sich bringen (mehr dazu in unserer Podcast-Serie «Ängste verstehen»). Wenn sich unsere Kinder auf diese Weise panzern müssen, lassen sie diese Herausforderungen auch nicht mehr an sich heran.

Was also können wir Erwachsenen tun?

Abgesehen davon, dass wir unsere Kinder vor überfordernden Inhalten schützen sollten, so wie es meine Kollegin Angela eben in ihrem aktuellen Blog-Eintrag beschrieben hat, sollten wir vor allem mit den Fragen unsere Kinder gehen.

Nichts mehr als das: Mit den Fragen unsere Kinder gehen. Und auf kindgerechte Art und Weise die Frage beantworten, die gerade gestellt wurde - und nicht mehr. Ich wiederhole: Nicht mehr. Wir sollten keine Antworten auf Fragen geben, die gar nicht gestellt wurden – denn dass sie nicht gestellt wurden, bedeutet, dass unser Kind nicht bereit ist für die Antworten und/oder sie unser Kind noch nicht resp. gerade nicht interessieren.

Das klingt ganz banal, ist es in der Umsetzung aber oft nicht. Und ich weiss, wovon ich spreche: Ich habe jahrelang Geschichte/Politik und Geographie unterrichtet und sehe bei jeder Frage gleich eine Unmenge an wichtigen Zusammenhängen oder spannenden Details, die ich gerne teilen würde.

Was hilft und oft die noch bessere Alternative ist: Den Kindern die Frage zurückspielen und sie fragen, was sie denken, was da gerade auf dem Grossbildschirm am Bahnhof gezeigt wurde oder was das Wort Krieg oder Raketenangriff bedeutet. Die Antworten geben uns meist einen wunderbaren Einblick in die Welt unseres Kindes und lassen uns erahnen, auf welchen Boden unsere Antworten fallen und bis in welche Tiefe und Detailschärfe sie gehen sollten.

 

PS. In den Intensiv-Kursen «Kinder mit ganzem Herzen sehen» und «Teenager verstehen» tauchen wir tief ein in solche Herausforderungen.

Foto: SoturiMedia (Pixabay)

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Krieg auf dem Bildschirm