Buchtipp: «Vertrau mir, flüstert die Traurigkeit»
Ein berührendes und wunderbar weises Kinderbuch über die Kraft der Trauer - Oder: Warum die Trauer unser Wegweiser zum Herzen und zur Heilung ist.
Dieses Buch ist eine wahre Entdeckung für mich, denn es greift eine der Kernaussagen unserer Kurse auf so wunderbar magische Weise auf - und zwar just diejenige, die in unserer Kultur etwas schräg in der Landschaft steht: Unsere Kinder brauchen ihre Tränen!
Wir Eltern glauben oft, dass es unser Job ist, unsere Kinder glücklich zu machen und dass wir nur dann einen guten Job machen, wenn unsere Kinder immer glücklich sind. Durch die bindungsbasierte Brille sieht das anders aus: Es ist der Job von uns Eltern, unseren Kindern zu all ihren Gefühlen und somit auch zu ihren Tränen zu verhelfen, wenn sie sie brauchen, denn - in den Worten der Trauer aus Elisa Eckartsbergs Buch:
Die Trauer ist der Wegweiser zu den Herzen unserer Kinder und somit zu dem Ort, an dem alles heilen kann.
Lisa Eckartsberg Buch wartet nicht nur mit gelungenen Darstellungen und ausdrucksstarken Figuren auf, die meine Kinder und ich sofort ins Herz geschlossen haben, es ist vor allem vollgepackt mit grundlegenden Weisheiten:
Dass Gefühle einen Job zu tun haben und ausgedrückt werden wollen. Also, «ausdrücken statt unterdrücken!», so wie wir das auch in dieser Podcast-Folge beschreiben.
Dass Veränderung zum Leben gehört und dass der Wechsel vom Alten zum Neuen immer auch ein Loslassen und einen Abschied mit sich bringt, der den Neuanfang erst ermöglicht (in unseren Worten und ausführlich nachzuhören in diesen Podcast-Folgen hier).
Dass der Tod nicht das Ende ist. Denn «nur weil wir etwas nicht mehr anfassen, es nicht mehr mit den Augen sehen können, bedeutet es nicht, dass es nicht mehr da ist.» Die Beziehung zu unseren Liebsten überdauert auch den Tod.
Dass Trauer weh tut und uns manchmal ausbremst - und dass das gut so ist, da wir sonst am falschen Ort nach dem Glück suchen. Oder wie es die Trauer im Buch formuliert:
Dass es Mut braucht, die Trauer zu fühlen, resp. dass wir uns trauen müssen zu trauern. Und dass es ganz leicht geschieht, dass die leise Trauer von der lautstarken Wut oder Angst verdrängt wird.
Dass Trauer oft missverstanden wird und in unserer Gesellschaft oft die Weisheit fehlt zu erkennen, welche grosse Chance und Bereicherung sie mit sich bringt.
Dass jenseits der Trauer, also dann, wenn wir in den inneren Abgrund gesprungen sind und uns von unseren Tränen haben weg- und in unser Herz tragen lassen, ein Schatz verborgen liegt. An diesem Ort geschehen «magische Dinge»: «Hier verwandelt sich Verzweiflung in Hoffnung, Schmerz in Dankbarkeit und Schweres wird leicht.»
Das Buch greift mit dem Tod - ein Kind trauert um seine Grossmutter - die grösstmögliche Vergeblichkeit im Leben von uns Menschen auf. Und unser Job als Eltern ist es, unsere Kinder auf diese grossen Brocken und Herausforderungen vorzubereiten - und zwar nicht erst, wenn sie plötzlich auftauchen, sondern indem wir sie anhand der kleine(re)n Vergeblichkeiten und im Spiel eine Beziehung zur Trauer aufbauen lassen. Das Buch ist eine wunderbare Unterstützung hierbei und erhält eine dicke Empfehlung von mir!
PS. Falls du gerne besser verstehen möchtest, wie du deine Kinder mit ganzem Herzen begleiten kannst, so dass sie eine Beziehung zu ihren Emotionen aufbauen und sie fühlen können: Im Intensiv-Kurs «Kinder mit ganzem Herzen sehen» dreht sich alles genau darum!
PPS. Kennst du schon unsere Serie «Kinderbücher durch die bindungsbasierte Brille» mitsamt unserem Plädoyer für Vorlesekulturen?