“Das ist so peinlich"! Der rote VW-Bus…

“Teenager verstehen” Blogreihe Teil 2

Es gab eine Zeit, da konnte man einem unserer Kinder kaum etwas schlimmeres antun, als es mit unserem geliebten, roten VW-Bus vom Bahnhof abzuholen. «Das ist so peinlich, wenn ihr mit dem knallroten Bus da vorfährt. Jeder schaut einen an, wenn man da einsteigt!» hiess es. Da wir daneben noch einen unscheinbaren Kleinwagen haben, holten wir unsere Teenager fortan, wenn immer möglich, damit ab. Bis wir eines Tages feststellten, dass sich das Problem in Luft aufgelöst hat.

Wie das kam? Nun, unser Teenager wurde älter, bzw. reifer und stellte mit der Zeit fest, dass er einem krassen Irrtum unterlegen ist: Er dachte, JEDER schaut einen an, wenn man in den knallroten Bus einsteigt. Mit der Zeit merkte er, dass die einzelne Person am Bahnhof eigentlich kaum Beachtung erfährt.

Diese Story ist so typisch für die sogenannte Bewusstseinsexplosion, die die Pubertät sozusagen einleitet: Während ein Kind seine Welt vor allem von Innen nach Aussen wahrnimmt, entsteht am Anfang der Pubertät die Fähigkeit die sich selbst von aussen nach innen wahrzunehmen. Plötzlich ist man in der Lage zu überlegen wie der andere einen sieht, oder was andere über einen denken. Oder was sie denken, dass man denkt, dass die anderen denken… Und wenn ein Teenager sich nun selber von aussen beobachtet, nimmt er irrtümlicherweise an, dass das alle Menschen zu jeder Zeit auch tun würden.

Das fühlt sich dann so an, wie wenn man auf einer Bühne vor tausenden von Zuschauern im Rampenlicht steht. Alle Augen sind auf mich gerichtet, jede Bewegung wird registriert und das 24h Stunden am Tag! Dies macht unsere Teenager so befangen und ist der Grund dafür, warum (fast) alles peinlich ist.

Ich muss sagen, diese Vorstellung von der Bühne würde auch mir nicht gerade behagen. Und wenn ich davon ausgehe, dass mein Teenager sich am Bahnhof gerade so fühlt wie oben beschrieben, dann macht mich das barmherzig und es fällt mir leicht, ihm zuliebe den Kleinwagen zu nehmen.

Mit dem reifer werden wird den Teenagern auch bewusst, dass eigentlich jeder mit sich selber beschäftigt ist und man relativ wenig Beachtung von seinen Mitmenschen erfährt. Bei uns wurde das damals der jüngeren Schwester so erklärt: «Weisst du, das meinst du nur, dass ALLE dich anschauen. In Wirklichkeit interessiert es kein Mensch, in welches Auto du einsteigst.»

Die Bewusstseinsexplosion ist ein wichtiger Entwicklungsschritt auf dem Weg über die Brücke von der Kindheit zum Erwachsensein. Dieser Schritt und die Unsicherheit, die davon ausgeht, gehört dazu, wie auch noch weitere Entwicklungsschritte und Herausforderungen für Teenager und ihre Eltern. Wenn du mehr darüber wissen möchtest, hüpf doch noch in unseren Kurs:

 

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Warum meine Kinder oft «uh mega gfruschted» sind

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