Erinnerungen - “Finöggeli” im Kindergarten

Auf meiner Erinnerungsreise, an Dinge, die ich heute anders machen würde folgt Teil 3: “Finöggeli” im Kindergarten:

Lange Zeit waren wir als Eltern hin und hergerissen, ob wir unser erstes Kind mit gerade mal 4 Jahren in den Kindergarten schicken sollten. Als Julikind war sie auch ein «Stichtag-Kind», was bedeutete, dass sie offiziell einen Monat nach ihrem 4. Geburtstag zum ersten mal in den «Kindi» gehen würde. Wir hätte sie auch problemlos «zurückstellen» und ein Jahr später schicken können, was wir uns auch lange überlegten. Doch ich war mit dem 3. Kind schwanger und nicht sehr fit, da kam mir die Vorstellung, dass ein Kind jeweils ein paar Stunden ausser Haus betreut sein würde, sehr entgegen. So kam es, dass unser «Finöggeli» (sehr feines, eher kleines und sensibles Kind) mit gerade 4 Jahren fröhlich ihre Kindergarten- und Schulkarriere startete.

Die Fröhlichkeit kam ihr leider schnell einmal abhanden. Die Kindergärtnerin war streng und hatte wenig bis gar kein Verständnis für ein junges und sensibles, oftmals von all den Eindrücken überwältigtes Kind.

Unser Kind wurde immer in-sich gekehrter, explodierte gleichzeitig öfter und viel zu spät realisierten wir: unser Kind spielt nicht mehr!

Wir erkannten unseren Fehler und kämpften dafür, dass unser Kind noch ein 3. Kindergartenjahr machen durfte und so bei einer anderen, sehr liebevollen Kindergärtnerin noch etwas auftauen und reifen konnte, bevor sie in die Schule starten würde.

Interessanterweise begann unser Kind an jenem Tag wieder zu spielen, an dem wir in den Sommerferien beim Kindergarten vorbeispazierten und zuschauten, wie die neue Kindergärtnerin den Kindergarten einrichtete.

Viel später hörte ich von Gordon Neufeld, dass wir unsere Kinder in herausfordernden Situationen beobachten sollten: solange die Emotionen sich «bewegen» und das Kind zuhause über die Schwierigkeiten z.B. In Schule und Kindergarten weinen kann oder es im Spiel verarbeiten kann, müssen wir uns noch nicht grosse Sorgen machen. Wenn die Emotionen aber «abflachen», das Kind in-sich gekehrt wirkt und nicht mehr viel zum Ausdruck bringt, dann besteht die Gefahr, dass es Schaden nimmt, und dann müssen wir handeln.

Ich bin froh, haben wir es erkannt und gehandelt und konnte unser Kind im 3. Kindergartenjahr noch etwas nachreifen. Nach hinten raus, als es um die Lehrstellensuche und den Lehrbeginn ging, war dieses zusätzliche Jahr sogar ein Vorteil.

Aber, wenn ich nochmal zurückkönnte, würde ich sie nicht mehr mit 4 Jahren in den Kindergarten schicken. Ein zusätzliches Jahr um zuhause im geborgenen Umfeld reifen zu können ist in der Regel die bessere Option. Besonders bei sehr sensiblen Kindern, die viel wahrnehmen und schnell einmal überwältigt sind von all den Eindrücken und Anforderungen. Selbstverständlich kann man daraus keine allgemeingültige Regel machen. Aber ich denke, je näher am Stichtag ein Kind geboren ist und je sensibler es ist, desto mehr würde ich mir gut überlegen, ob es sich lohnen würde, das Kind ein Jahr zurückzustellen.

Natürlich ist dies auch noch keine Garantie für eine reibungslose «Schulkarriere». Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir unsere Kinder beobachten und dass wir es ihnen ermöglichen, dass sie zuhause im geborgenen Umfeld ihre Emotionen fühlen und ausdrücken können.

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«Muesch kei Angscht ha!»