Erinnerungen - Kinderlachen im Pflegeheim

6 Jahre verbrachte meine geliebte Grossmutter bis zu ihrem Tod im 96. Lebensjahr, blind und im Rollstuhl im Pflegeheim. Obwohl sie so beeinträchtigt war, verlor sie bis zuletzt nie ihre goldene Persönlichkeit und ihr fröhliches, zuversichtliches Gemüt. Nebst Besuchen bei ihr als ganze Familie durften unsere Kinder auch sehr regelmässig mittwochs mit ihrer Omi (meiner Mama) mit ins Pflegeheim. Sie liebten diese Nachmittage, und fühlten sich im 2. Stock des Pflegeheims schon fast zuhause. Das mag auch daran gelegen haben, dass die Pflegerinnen jeweils mittwochs einen Nachtisch zur Seite stellten, welchen das jeweilige Kind dann später mit einem Himbeersirup serviert bekam. 😉

Ausserdem hatte die Omi Zeit für Spiele und Muettä (so nannten wir meine Grossmutter) interessierte sich für jedes einzelne Kind und nahm gerne Anteil an ihrem Leben.

Natürlich gab es da auch noch weitere Bewohner, die ihre helle Freude an den Kindern hatten. Bis heute erinnern sie sich an Frau A. die ihnen immer «viel Glück» wünschte oder an Herrn F. der stets auf der Station unterwegs war und Bilder an der Wand auf- und abhängte.

Durch diese Besuche kamen alle 3 Kinder ganz natürlich in Kontakt mit alten, kranken und zum Teil auch dementen Menschen. Kinder haben meist einen intuitiven Zugang zu solchen Menschen und Begegnungen sind für beide Seiten ein Gewinn. Sie erlebten aber auch mehrfach, dass eine Person, die sie kannten, plötzlich nicht mehr da, weil verstorben war. Und sie wussten, dass auch Muettä eines Tages sterben würde. So sagte eines unserer Kinder einmal zu ihr: «Weisst du Muettä, im Himmel, da kannst du dann wieder tanzen und alles ganz farbig sehen!»

Ja und als der Tag kam und sie wirklich verstarb, waren die Kinder gut vorbereitet. Sie durften bei der Beerdigung dabei sein, alles miterleben und 1001 Fragen stellen.

Weil sie Muettä auch noch besucht hatten, als sie bettlägerig war und sie sie dort oft schlafend angetroffen hatten, durften sie sogar in den Sarg schauen. Sie sah nicht anders aus als kurz zuvor noch schlafend im Bett.

Als wir einige Jahre später 2 dramatische Todesfälle in unserem Umfeld erlebten, war ich sehr dankbar, dass unsere Kinder mit dem Thema Tod und Trauer vertraut waren. Sie hatten durch ihre Urgrossmutter die Möglichkeit gehabt, sich auf eine ganz natürliche und auf eine Art auch «schöne» Weise dem Thema Tod zu nähern.

Nicht immer ist es möglich, die Kinder durch einen natürlichen, altersbedingten Todesfall an das Thema Tod heranzuführen. Aber ich möchte Mut machen, dass wir dort, wo sich die Chance bietet, sie auch nutzen, oder dass wir solche Möglichkeiten sogar bewusst schaffen. Es muss ja nicht zwingend die Urgrossmutter sein, auch ein betagter Nachbar zum Beispiel freut sich doch über Kinderbesuch. Ich finde sowieso, in den Alters- und Pflegeheimen hört man viel zu wenig Kinderlachen.

Und wenn wir mit unseren Kindern ältere Leute besuchen, betreiben wir hier und da ganz nebenbei auch Nachwuchsförderung im Pflegebereich! Unsere jüngste Tochter verkündete mit 5 Jahren im Pflegeheim, sie werde Krankenschwester. Heute macht sie ihre Ausbildung… im Alters- und Pflegeheim! 😊

 

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Was denn nun: Pubertät oder Adoleszenz?!?

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«Pitschi», das kleine Kätzchen