Das Kästchen im Kopf

 
 

«Weisst du, in meinem Kopf hat es ein Kästchen und in dem Kästchen hat es immer ein Zettelchen, auf dem steht, was ich tun soll. In jenem Moment hatte es nur ein Zettelchen, auf dem stand: ‘Kalender aufrubbeln’. Darum habe ich das gemacht. Hätte es ein anderes Zettelchen gehabt…»

Da stand der 6-jährige Knirps vor mir und erklärte mir, warum er den gesamten Adventskalender meiner Tochter aufgerubbelt hat.  Wow! Was für eine geniale Erklärung für eine Dynamik, die es tatsächlich so ähnlich gibt. Zwar nicht mit Kästchen und Zettelchen, aber tatsächlich ist es so, dass Vorschulkinder nur ein Gefühl, Gedanke oder Impuls auf einmal wahrnehmen können. Die Fähigkeit, verschiedene Punkte berücksichtigen oder Gefühle mischen zu können, ist eine Sache der Reifung. Meist entwickelt sie sich zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr, manchmal dauert es auch ein bisschen länger. Aber erst mit dieser Entwicklung wird es möglich, neben der Versuchung auch die Hemmung wahrzunehmen. Ein zweites Zettelchen würde dann also sichtbar werden. Bis das Kind aus der Mitte der beiden Gefühle eine «vernünftige» Entscheidung treffen kann, vergeht noch viel Zeit. Manchmal fällt das selbst uns Erwachsenen noch schwer. Mir besonders dann, wenn ich sehr hungrig bin und einen Schokoladenriegel vor mir sehe… Irgendwie erscheint dann einfach kein Zettelchen mit einem Apfel vor meinem inneren Auge. 😉

Begünstigen können wir diese Entwicklung, in dem wir unseren Kindern helfen, über Gefühle zu sprechen, sie zu benennen und auszudrücken. Und indem wir das «andererseits», das «ausgleichende» hinzufügen.

Das wichtigste aber scheint mir, dass wir Verständnis haben für unsere Kleinkinder, die die Welt einfach noch sehr schwarz und weiss wahrnehmen. Und dass wir diese Zeit auch geniessen, es ist eine fast magische Zeit, eine Zeit des intensiven Spiels. Nie mehr werden sie so sehr in Geschichten eintauchen und sich so leicht in eine Prinzessin oder in einen Ritter verwandeln können. Nie mehr werden sie so überzeugt davon sein, dass die Handpuppe oder das Stofftier gerade ganz richtig mit ihnen spricht… Tauchen wir doch einfach ein bisschen mit ein in diese herrliche, unbeschwerte Zeit!

Ich hab die Erklärung des kleinen Knirpses übrigens so stehen gelassen und in Zukunft tunlichst darauf geachtet solche verführerische Sachen, wie jener Adventskalender, verschwinden zu lassen. Auf das solche Zettelchen gar nicht erst in jenem Kästchen erscheinen können. 😉

 
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«Okay, dann: Tschüss! Die Mama geht jetzt nach Hause…!»

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«So vill Liebi vorig»