«So vill Liebi vorig»

Mein Soundtrack für den Sommer - Oder: Was ich uns allen von Herzen für die Sommerpause wünsche

 
 

Ich weiss nicht, ob mich schon je ein Lied beim ersten Mal Hören zu Tränen rührte. Meist öffnen mir Lieder Türen und nehmen mich sanft an der Hand, während sie mich zu inneren Orten der Er-Innerung führen, wo dann meine Tränen warten. Oder dann erschliesst sich mir der Tiefgang eines Liedes erst durch die Wiederholung, als ob ich bei den ersten Durchgängen noch ganz in die Melodie oder den Rhythmus vertieft das Gesamte noch gar nicht wahrnehmen und der Resonanz in mir noch gar nicht Raum geben konnte.

Bei «Liebi vorig (Muure iirisse)» von Dabu Fantastic und Oesch’s die Dritten resp. vor allem bei Pedro Lenz’ Worten zum Schluss (ab 4:05) war das anders. Als ob mich das Mantra-mässig vorgetragene «S’hät no so vill Liebi / Fride / Chilbi / Musig vorig» bereits einstimmten für das, was Pedro Lenz zum Schluss mit dem wohl nur Berner eigenen Charme in Worte fasst; als ob die meditative Untermalung von Melanie Oesch für mich als Heimweh-Appenzellerin das ihre dazu beigetragen hat, um alles in mir zu öffnen für Lenz‘ Worte und für das, was für mich die Essenz von so vielen meiner Beratungen ist und was ich allen von Herzen für die Sommerpause wünsche.

 
 

 Momou me ma’s gmerke.
Me möcht mou d’Muure iirisse.
Me möcht d’Maschine absteue, die miese Mischlereie miide.
De Mäntimorge miide, die ewigi müehsami Mühli verloh.


Wenn wir es schaffen, Tempo rauszunehmen, unseren Blick zu lösen von all den Dringlichkeiten und Raum zu schaffen für das Wesentliche, dann werden wir sie (wieder) finden, die Liebe in uns für unsere Kinder - und für uns selbst. Und wann, bitte schön, soll das besser gehen als im Sommer, wenn der Montagmorgen nicht eisiggrau sondern lau ist, wenn gar keine Mühlen mehr mahlen, da während den Sommerferien alles still steht…?

  Müglecherwiis müesst me mou minimiere,
müesst mo mou weniger murkse, weniger meche u meh müntschele,
me müesst me mimösele, me Mittagspouse,
meh mämmele u meh Musig mache mitenang, momou.

Wenn wir uns getrauen, sanft an die gepanzerten Stellen unserer eigenen Herzen zu klopfen, werden wir hören, was heute nichts mehr als eine Leere, einen Hohlraum verteidigt, werden wir fühlen, welche Verhärtungen ihren Dienst längst getan haben, werden wir erkennen, was uns nicht mehr schützt, sondern einsperrt.

 Es gieng gloub gli gäbiger wenn mer gmüetlecher,
wenn mer enang gärn u gärner, gäng gärn u gärner,
wenn mer grosszügiger zunang,
wenn mer grundsätzlich gägesiitig guetmüetiger
giengs garantiert guet.

 

Und wenn wir dann einen Gang runterschalten, wenn wir nicht unseren selbstgesetzten Zielen, sondern unseren Gefühlen folgen und uns in den Ferien nicht in Aktivitäten, Selfies oder instragramm-taugliche Fotos investieren, sondern in unser Sein, wenn wir unser Inneres ebenso bewusst erkunden wie Museen oder Kletterrouten, dann werden sie fallen, die Mauern in uns, dann werden wir sie hören, die Musik, die jenseits des Alltaglärms spielt, und dann wird uns das Spiel in uns finden und als Zauber der Natur die Leichtigkeit und Verbundenheit bringen, nach der wir uns alle so sehnen.

 

Me bruuchte villech nume es spitztigs Spitziise und e Füüschtu,
de chönnte mer chlopfe und lose, wo dass es höhleled und wo dass es äuä gly verbricht.
D’Muure müesst me abemache, abspitze mit em Spitziise,
nid aui Muure, nume die wo iisperre, nume die wo uussperre,
di söttige Muure, die müesst me z’Bode schloh mitem Füüschtu,
nid aui Muure, nume die wo’d Wiitsicht neh
und die wo’n’üs trenne vo dem wo’n’üs guet würd tue.

 S’het no so viu Liebi vörig, aber das nützt üs nume denn, wenn mer’s gspüüre.
S’het no so viu Musig vörig, aber söttsch möge lose süscht ghörsch se nid.
Süscht ghörsch se nid.

Zumindest für mich ist klar: Das ist der Soundtrack meines Sommers, genau dem möchte ich mich während der Sommerpause widmen - nicht aktiv, sondern passiv, in dem ich einfach zuhören und reinspüre.

Mit den allerbesten Wünschen für einen leichtfüssigen und liebevollen Sommer,

Foto: Dabu Fantastic

 
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