“Von Sauer zu Trauer”

«Hinter jedem aggressiven Kind steckt ein frustriertes Kind.» Irgendetwas hat im Leben dieses Kindes gerade nicht so funktioniert, wie das Kind das gerne hätte. Das können die Legos sein, oder die Prüfungsfragen oder auch die Mama, die etwas nicht erlaubt…

Aggression ist in den meisten Fällen laut und für jeden in der Umgebung gut sichtbar. Das Kind, welches sich schreiend auf den Boden schmeisst, die Schultasche, die mit Getöse in der Ecke landet oder die Tür die krachend ins Schloss fällt, wir alle kennen solche Situationen von unseren Kindern und ja, bestimmt auch von uns selbst.

Es gibt aber auch Formen der Aggression, die auf den ersten Blick nicht unbedingt als solche zu erkennen sind: eine zynische Bemerkung, Sarkasmus und schwarzer Humor. Sich auf Kosten von jemand anderem lustig machen oder das Ausnutzen der Schwäche oder Machtlosigkeit zum Beispiel eines Schülers von der Lehrperson, um nur einige Beispiele zu nennen.

Aggressives Verhalten ist eindeutig nicht das, was wir uns wünschen, was dazu führt, dass wir oft dazu bewegt sind, dieses Verhalten zu bestrafen. Wir brummen dem Kind eine Strafe oder schöner ausgedrückt, eine Konsequenz auf oder wir entziehen ihm Privilegien wie Medienzeit oder die Gute-Nacht-Geschichte. Wenn wir davon ausgehen, dass hinter jeder Aggression Frustration steckt, können wir also daraus schliessen, dass wir mit der Bestrafung dem ohnehin schon frustrierten Kind noch mehr Frust hinzufügen. Macht nicht wirklich Sinn, oder?

Was aber tun, mit einem Kind, dessen Aggressionsenergie sich gerade in wenig konstruktiver Weise entlädt?

Der Weg von «Sauer zu Trauer»:

Wenn wir die Frustration hinter dem aggressiven Verhalten kennen, können wir das in Worte fassen:

«Oh das war wirklich frustrierend, heute Morgen und auch etwas traurig?»

Wenn wir den Grund nicht kennen, können wir danach fragen, müssen aber davon ausgehen, dass es das Kind gerade selbst nicht weiss oder nicht in Worte fassen kann. Vielleicht weil es noch zu klein dafür ist, oder weil das was dem Kind da im Weg steht einfach zu gross ist, um es wirklich zu sehen und zu fühlen.

In jedem Fall ist es das Ziel, das Kind zu seinen Tränen über die Vergeblichkeit zu führen. Weil dies aber auch eine sehr verletzliche Sache ist, braucht es einen sicheren Ort, um trauern zu können. Dieser sichere Ort ist für unsere Kinder in erster Linie eine tiefe Bindung an eine fürsorgliche Erwachsene Person. Sie brauchen jemanden, der ein JA hat, auch für die schwierigen Emotionen und für Tränen. Sie brauchen Geborgenheit.

 

Wenn es im echten Leben schwierig ist, Emotionen wie Trauer zu fühlen und Tränen zuzulassen, kann Spiel ein wunderbarer «Hintereingang» sein. Kleinere Kinder kann man oft sehr gut spielerisch zur Trauer führen: mit einem sprechenden Kuscheltier oder einer Handpuppe, mit einer traurigen Geschichte oder man lässt das Spiel seine Arbeit tun und beobachtet, wie das Kind sich im Spiel mit schwierigen Themen konfrontiert.

Bei grösseren Kindern und Teenies sind es manchmal traurige Filme, Musik, usw. die die Trauer hervorlocken können. 

Ich kann mich gut erinnern, wie ich als Teenager während dem Lesen der «Siedler-Saga» von Janet Oke zu meinen Tränen gefunden habe. All das Schwierige und Traurige, dass die Romanfiguren erlebt hatten, stiess meine eigene Trauer über Vergeblichkeiten in meinem Leben an und brachte so die Emotionen ins Fliessen. Danach liess aber auch der Überwindergeist und die Hoffnung der Familie Davis etwas in mir anklingen und ich stellte mich mit neuer Kraft meinen Herausforderungen.

Hier wären wir nun wieder der Resilienz auf der Spur. Darüber werden wir auch noch sprechen, beim nächsten mal geht es aber zuerst um «vorbeugen ist besser als heilen!?»

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Vorbeugen ist besser als Heilen!?

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